Page 8 - Besser hoeren fuer alle
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|| Warum ist barrierefreies Hören wichtig? ||
Audiologische Gründe
Eine Studie von B. Shield (South Bank University)
aus 2006 hat gezeigt, dass jede fünfte Person in
Europa einen Hörverlust hat. Den größten Anteil
haben Personen mit einen geringen Hörverlust
(16,9 %). Zusätzlich ist das Auftreten der Schwer-
hörigkeit stark altersabhängig, ca. 45 % der Men-
schen im Alter von über 65 Jahren haben laut
einer Studie vom Robert-Koch-Institut einen me-
dizinisch relevanten Hörverlust. Einflüsse auf die Sprachverständlichkeit
(Das RKI ist die zentrale Einrichtung des Bundes im Be-
reich der Öffentlichen Gesundheit und das nationale wird z.B. beim Hören einer Fremdsprache ein ca.
Public-Health-Institut.) 10 dB höherer Sprachschallpegel benötigt um
deutlich zu hören. Dies trifft auch auf Personen
Was bedeutet ein geringer mit einem Hörverlust zu, selbst wenn diese mit
Hörverlust? einem Hörsystem versorgt sind.
Betroffene, deren Hörverlust sich über Jahre ent- Der Störschall auf dem Weg zum Ohr
wickelt hat, nehmen diesen oft nicht wahr, denn
sie hören die in der Sprache vorkommenden tief- Je nach Aufenthaltsort variiert der Störschall hin-
tonigen Anteile, wie z.B. Vokale, noch sehr gut. sichtlich der Frequenz, der Lautstärke und der Dy-
„Nur“ die leisen, aber wichtigen Konsonanten namik. So ist es nicht unerheblich, ob es sich um
können nicht gehört werden oder sie werden ein tieftoniges, konstantes Rauschen handelt, das
verwechselt – so wird z.B. aus dem Wort „Hose“ wesentlich besser ausgefiltert werden kann als
das Wort „Rose“. Fehlen Anteile in der Sprache, z.B. ein Stimmengewirr auf einer Party mit Spra-
werden diese ergänzt bzw. aus dem Kontext er- chinformationsgehalt. In diesem Fall hat das Stör-
raten. Deshalb bitten die Betroffen häufig darum, geräusch ein ähnliches, vorwiegend hochfrequen-
nicht so zu nuscheln und deutlicher zu sprechen. tes Spektrum wie die Sprache. Die Überlagerung
Die fehlenden Informationen führen zu einer ver- von Sprachsignalen mit derartigen Störgeräuschen
größerten Höranstrengung: Menschen mit einem bedeutet, dass diese in gleicher Weise wie die
Hörverlust ermüden in Gesprächen schneller und Sprachsignale zum Ohr kommen. Dies führt nicht
reagieren mit Stresssymptomen. nur zu einer unbehaglichen Lautstärkeanhebung,
sondern vorrangig zu einer Verdeckung der für das
Einflüsse auf die Sprachverständnis notwendigen Signalanteile.
Sprachverständlichkeit
Die Entfernung auf dem
Im Alltag finden Konversationen selten in einer Weg zum Ohr
ruhigen, störschallarmen Umgebung statt. Es
kommen Störungen durch zusätzliche Schallquel- Wenn die Sprachlautstärke 65 dB in einem Ab-
len wie Umweltgeräusche, andere „Störsprecher“ stand von einem Meter beträgt, entspricht dies
oder Nachhall hinzu. einer normalen Lautstärke, die gut hörbar ist. Ent-
fernt sich der Zuhörer jetzt ca. 4m vom Sprecher,
Die Qualität des Nutzschalls wie z.B. bei Vorträgen, Sprechtheater oder in der
Unterrichtssituation, so bleiben in 4m Entfernung
Für die Sprachverständlichkeit spielt die Qualität 53 dB übrig (pro Abstandsverdopplung kommt
des Nutzsignals, der Sprache selbst, eine gro- es zu einer Verringerung von 6 dB). Dies ent-
ße Rolle. Dazu zählen z.B. die Aussprache, die spricht der Lautstärke von sehr leiser Sprache.
Sprechgeschwindigkeit und die Lautstärke. So Liegt jetzt angenommen ein Störgeräusch von
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